Die Serie "Artistic Steps" ist Leinwand wie Tanzboden. So entstehen Frottagen, die über einen Zeitraum das Geschehen auf der Fläche dokumentieren und erahnen lassen. Hier sind jene, die es von den beiden Serien schon gibt:
"Artistic Steps" 2024
195 x 195 cm
Serie 12/20
"Artistic Steps in Farbe" 2024
185 x 195 cm
Serie 3/30
"Artistic Steps in Farbe" 2023
195 x 190 cm
Serie 2/30
"Artistic Steps" 2023
125 x 125 cm
Serie 11/20
"Artistic Steps in Farbe" 2023
200 x 185 cm
Serie 1/30
"Artistic Steps" 2022
140 x 140 cm
Serie 10/20
"Artistic Steps" 2021
150 x 150 cm
Serie 9/20
"Artistic Steps" 2020
130 x 125 cm
Serie 8/20
"Artistic Steps" 2020
120 x 130 cm
Serie 6/20
"Artistic Steps" 2019
150 x 150 cm
Serie 5/20
"Artistic Steps" 2018
150 x 150 cm
Serie 4/20
"Artistic Steps" 2018
150 x 150 cm
Serie 3/20
"Artistic Steps" 2016
140 x 140 cm
Serie 2/20
"Artistic Steps" 2016
140 x 140 cm
Serie 1/20
Die Frage nach der Kunst darf, muss und soll immer wieder gestellt werden: „Ist das Kunst, oder kann das weg?“ Farbkleckse auf dem Atelierboden, Fußabdrücke, Spuren von Schuhsohlen … hätte man eigentlich auch sauber machen können. Und doch – jetzt wird das, was so ganz nebenbei bei der hehren Kunstproduktion auch noch entstanden ist, in einer Ausstellung zur Kunst erhoben. Von der Horizontalen, vom Boden an die Wand gebracht. In einem seit Beginn der Moderne mit verschiedensten Mitteln geführten Gespräch über Kunst: Ist schon die Auswahl eines vorgefundenen Objekts ein künstlerischer Akt, wie bei Duchamp? Muss Kunst nicht von Können kommen, dem Genie des Künstlers entspringen, der schwer zu imitierenden Kunstfertigkeit der Hand, des Pinsels, des Blicks? Darf sie von anderen Beteiligten in einem gemeinsamen Prozess mitgestaltet werden? Und wann genau erhält eine Leinwand voller zufälliger Spuren und Farbspritzer – wie bei Jackson Pollock’s „Drippings“ oder Karin Sander‘s „Gebrauchsbildern“ – die Aura eines Kunstwerks? Rohringer begann seine Serie „Artistic Steps“ 2016 (1/20), indem er bei einem Open-Call des Kreuzberg-Pavillons seine unbemalte Leinwand wie einen Tanzboden im Eingangsbereich auslegte, auf der alle Besucher*innen zunächst ihre Spuren hinterließen. Bei einem weiteren Call wurde das Werk noch im Frottage-Verfahren „geputzt“, und neue Spuren traten hinzu. Im Laufe der Zeit experimentierte Rohringer weiter, mit verschiedenen Umgebungen und Zeiträumen, vom Laufsteg bis zum eigenen Atelier, und vom kurzen Event bis zur monatelangen Nutzung. Die Arbeiten, die dabei entstanden, weisen ganz unterschiedliche Anteile von bewusster Gestaltung und Hingabe ans Zufällige auf. Gemeinsam ist allen diesen verdichteten Zeitdokumenten, dass sie nie von der Hand des einen Künstlers geschaffen wurden, sondern – nicht ohne einen Blick in Richtung Joseph Beuys zu werfen –, gleichsam alle jene zu Künstler*innen macht, die auf der Fläche ihre Spuren hinterlassen haben. Und so scheint es, als erweist der Künstler einem eigenartigen Phänomen Referenz, das sich einstellen kann, wenn man, beispielsweise auf einer Biennale, einen ganzen Tag mit Kunst zugebracht hat: Man tritt nach draußen, in den Alltag zurück, und alles hat die Aura eines Kunstwerks bekommen. Kunst hat die Eigenschaft, unseren Blick auf die einfachen, unscheinbarsten Gegenstände unseres Lebens zu verändern – und plötzlich nehmen wir alles, auch Flecken und Kleckse auf Fußböden, wieder mit der Freude unserer frühesten, kindlichen Entdeckungen wahr.
Dr. Almut Hüfler, 2024